24-Stunden-Betreuung („Live-in-Kraft“)

Unser Antrag an die Landesversammlung der Frauen-Union:

Die CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag wird aufgefordert, sich für die Schaffung folgender gesetzlicher Regelungen im Hinblick auf die 24-Stunden-Betreuung („Live-in-Kraft“) einzusetzen:

  1. Die sog. 24-Stunden-Betreuung („Live-in-Kraft“) soll als dritte Säule der Unterstützung für Pflegende und deren Angehörige neben der stationären und der ambulanten Pflege gesetzlich verankert werden. Wesentliche Ziele dabei sind die Bezahlbarkeit, die Rechtssicherheit für die Beteiligten und eine Möglichkeit zur legalen Gestaltung von Arbeitsverhältnissen für Live-in-Kräfte zu gewährleisten.
  2. Folgende Eckpunkte sollen Grundlage für die neuen gesetzlichen Regelungen sein:
  3. Bestandteil der arbeitsvertraglichen Regelungen mit der Live-in-Kraft soll eine genaue Arbeitsbeschreibung für die Tätigkeit mit Rechten und Pflichten sein.
  4. Schaffung von Möglichkeiten für eine Bezahlungsregelung, die einen Ausgleich zwischen Angemessenheit der Leistungsentschädigung nach deutschen Verhältnissen und dem Lohnniveau der Heimatländer der Live-in-Kräfte findet.
  5. Keine Anrechnung passiver Bereitschaftszeiten, z.B. über: 
    1. die Aufnahme von Live-in-Kräften in das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), analog zu § 18 ArbZG Abs. 1 Nr. 3 
    1. oder durch Anwendung der der Opt-out-Regelung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes
  6. Zertifizierungspflicht und Überwachung für Vermittlungsagenturen
  7. Qualitätssicherung durch Mindeststandards für fachliche und sprachliche Qualifikation der Live-In-Kräfte. 
  8. Unabhängige Kontrollmöglichkeiten häuslicher Betreuungsverhältnisse, um Live-in-Kräfte vor Ausbeutung und Betreute vor Vernachlässigung zu schützen.
  9. Etablierung unabhängiger Beratungs- und Beschwerdestellen für Live-In-Kräfte und deren Betreute.

Begründung:

Die häusliche Pflege durch meist osteuropäische Betreuungskräfte stellt faktisch bereits jetzt einen wesentlichen Pfeiler der Pflege in Deutschland dar. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24.06.2021, Az. 5 AZR 505/20, das klarstellt, dass Live-In-Kräfte auch in Bereitschaftsdienstzeiten Anspruch auf Bezahlung des vollen Mindestlohns haben, führt dazu, dass diese Art der Betreuung unbezahlbar geworden ist. Entsprechende Arbeitsverhältnisse wurden daher noch stärker in den grau/schwarzen Bereich gedrängt. 

Vor dem Hintergrund des kulturell und gesellschaftlich in Deutschland verankerten Wunsches der Betreuung zu Hause sehen verzweifelte Angehörige oft ­keine andere Möglichkeit als ihre zu Pflegenden in den eigenen vier Wänden mit Hilfe illegal Beschäftigter zu betreuen. Würden diese in vorhandene Pflegeeinrichtungen verbracht, wären die Kapazitäten dieser Einrichtungen schnell überlastet. 

Es ist anzunehmen, dass ein großer Teil der in Deutschland arbeitenden Live-in Kräfte mit einer Entlohnung zufrieden wäre, die weit über dem Durchschnitt des Heimatlandes liegt, auch wenn das deutsche Lohnniveau nicht erreicht wird.  

Durch eine gesetzliche Regelung, die die Kritikpunkte des BAG-Urteils behebt, könnten Arbeitsverhältnisse legalisiert und dadurch eine Win/Win/Win-Situation von Pflegebedürftigen, Betreuungskräften und Gesellschaft erzielt werden.

Votum der Delegierten auf der Landesversammlung: Zustimmung

Siehe hierzu auch folgenden Beitrag