Immer lauter wurden die Forderungen der Frauen

Unsere Ehrenvorsitzende und ehemalige Kreisvorsitzende Roswitha Riess erinnert sich an die Frauen Union im Landkreis München in den 60iger Jahren:

Vom Bodensee in den Landkreis München zog unsere kleine Familie 1962, bedingt durch einen Berufswechsel meines Mannes. Meine Berufstätigkeit musste ich aufgeben und weit weg von meiner Großfamilie mich in neuer Umgebung, mit anderen Mentalitäten und Traditionen, zurechtfinden. Es war nicht immer leicht, zum Einkaufen ging man zu Fuß, den Kinderwagen immer dabei und die Milchkanne in der Hand. Jeder Arzttermin war eine Herausforderung und ein Friseurtermin war Luxus. 

Auch andere junge Familien, die in ein Neubaugebiet der NEUEN HEIMAT gezogen waren, hatten ähnliche Probleme. Bald fanden sich in unserer Pfarrei Frauen, die mit dieser Situation unzufrieden waren und überlegten welche Möglichkeiten es gab, um den Alltag ihrer Familien zu erleichtern. Auf Initiative der Pfarrei erklärten sich Ordensschwestern bereit einen „Kindergarten“, der unsere Kleinen vormittags betreute, einzurichten, um 11.30h mussten die Kinder wieder abgeholt werden. 

Bildungsreformen öffneten auch den Mädchen den Weg zu einer qualifizierten Berufsausbildung und der Wunsch berufstätig sein zu können, wurde immer lauter geäußert, oft auch notwendig, denn die Lebenshaltungskosten stiegen ständig. In dieser Zeit gründete Frau Charlotte Dessecker aus Pullach, damals schon Kreisrätin im Landkreis München, den ersten Kreisverband der Frauen Union. Wir trafen uns im Ratskeller in München und versuchten die Bedürfnisse der jungen Frauen und Familien in der Politik zu Gehör zu bringen. Politik galt damals als Männersache und eine Kollegin durfte 1966 nicht für den Gemeinderat kandidieren, weil sie schwanger war. Ich nahm meine Berufstätigkeit wieder auf, konnte Krankheitsvertretungen übernehmen, wurde vor den Ferien aber entlassen und nach den Ferien wieder eingestellt. 

Immer lauter wurden die Forderungen der Frauen. Die Medien hefteten uns Frauen „Kinder – Küche – Kirche = 3K“ als Label an, und eine berufstätige Mutter galt lange als Rabenmutter. In dieser Zeit gründeten sich neue Ortsverbände in Gräfelfing, Pullach, Sauerlach, Unterhaching, Taufkirchen, Ottobrunn, Haar und Garching. Es war ein schwieriger Weg, und unsere Männer in der CSU wollten mit den „emanzipierten Frauen“ in der Partei möglichst wenig gemein haben. 

Unverdrossen verfolgten wir unseren Weg, aktiv begleitet von Dr. Mathilde Berghofer-Weichner, der späteren stellvertretenden Ministerpräsidentin und Justizministerin. 

Schritt für Schritt standen Gleichberechtigung im Alltag und Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf der Agenda, und manch kleiner Erfolg ermutigte uns den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. Manches ist inzwischen selbstverständlich, aber es bleibt noch viel zu tun, und ich wünsche der heutigen Frauen-Union und deren Repräsentantinnen viel Glück und Erfolg, einen langen Atem und Durchhaltevermögen. 

Roswitha Riess, Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags a.D. 

Beitragsbild: 5 Kreisvorsitzende der Frauen Union München-Land zusammen auf einem Foto: Von links Roswitha Riess, Gerlinde Koch-Dörringer, Staatsministerin Kerstin Schreyer, MdL, Barbara Doenecke, Annette Reiter-Schumann

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